„Am Ende kommt‘s nicht darauf an, wie lang du lebst,
sondern wie du lebst.
Wenn du ein gutes Leben führst, wenn du alles auskostest, dann ist ein kurzes Leben so viel wert wie ein langes.“
Pietro, S. 253
Rezensionsexemplar | Anna
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Inhalt
Vier Jahre ist es her, dass der Virus kam und alle Erwachsenen tötete. Mittlerweile gibt es keine Elektrizität mehr, die Wasser- und Lebensmittelvorräte gehen zu Ende. Brände haben gewütet und von einem einst blühenden Sizilien eine gespenstische Wüstenlandschaft hinterlassen. In dieser Welt lebt die dreizehnjährige Anna mit ihrem kleinen Bruder in einem Haus im Wald und versucht mit allen Mitteln, ihn vor den Gefahren des Lebens draußen zu bewahren. Doch Anna weiß: Früher oder später muss sie mit ihrem Bruder ihre alte Welt verlassen, um woanders eine neue zu finden.
Quelle: EISELE Verlag (www.eisele-verlag.de)
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Meinung
Niccolo Ammaniti entführt seine Leser mit seinem Werk „Anna“ in ein schonungslos erzähltes Endzeitszenario, welches ich nur schwer mit einer endgültigen Bewertung beurteilen kann.
Ein Virus, genannt „Die Rote“, hat sich innerhalb kürzester Zeit von Belgien über den gesamten Kontinenten verbreitet und die Bevölkerung rasant dezimiert.
Bis auf die Kinder!
Denn aus einem nicht restlos geklärten Grund, der mit dem Fehlen pubertärer Hormone zusammenhängt, bleiben Kinder bis zu einem Alter von ca. 14 Jahren immun. Und eben diese Kinder schlagen sich nun in kleinen Grüppchen oder organisierten Banden durch ein Sizilien, wie wir es uns heutzutage nicht vorstellen möchten: Eine trostlose und endlose Weite, deren Umwelt auf das Minimalste reduziert wurde. Es gibt kein Storm, kein sauberes Wasser, von genießbaren Lebensmittel ganz zu Schweigen und schon gar keine Erwachsenen, die sie auf das Leben da draußen hätten vorbereiten können.
Und in dieser apokalyptischen Welt, wo hinter jeder Ecke Gefahr und Tod lauert, begleiten wir die Hauptprotagonistin Anna (13 Jahre, sie ist sich dessen aber nicht ganz sicher) und ihren jüngeren Bruder Astor (6 Jahre).
Nach dem Tod der Mutter tauscht Anna ihre Kindheit gegen Verantwortung und gibt alles dafür, Astor vor den Schrecken der Außenwelt zu bewahren. Sie ist eine kleine, starke Persönlichkeit, die sich mit der Zeit mit Ihrer Rolle als Kämpferin abgefunden hat und für die, die sie liebt, alles auf eine Karte setzt. Probleme des Alltags oder Konflikte mit anderen Kindern und tierischen Lebewesen löst sie trotz ihres Alters klug und unbeirrt. Doch Anna weiß, dass die Geschwister nicht mehr ewig in dem alten Haus ihrer Mutter bleiben können und sich auf den Weg zum Festland machen müssen: Denn dort soll es noch „die Großen“ geben. Diejenigen, die das Virus überlebt haben. Und auch, wenn es für sie keine Hoffnung mehr zu geben scheint möchte sie doch wenigstens Astor die Chance auf ein langes Leben ohne Seuche ermöglichen.
Auch wenn eine Situation aussichtslos erscheint oder man an sich selbst zweifelt bringt so etwas auch immer eine kleinen Lichtblick mit: Die Menschen oder Lebewesen, die diesen Weg mit einem gemeinsam bestreiten.
Pietro, ein Junge, den Anna auf Ihrem Weg kennen lernt, finde ich unglaublich sympathisch und zeigt Anna die Welt aus einer weniger ernsten und besorgten Perspektive. Er ist die Person, die in meinen Augen die Geschichte lesenswert macht. Und dann haben wir natürlich noch Coccolone. Der treue, streunende Gefährte auf vier Pfoten, welchem Ammaniti sogar eine kleine Biografie geschrieben hat, um ihn besser zu verstehen (bei sowas hat man mich ja sofort am Haken xD).
Das Ende hat mich leider maßlos enttäuscht. Hier wird dem Leser viel Spielraum für eigene Spekulationen gelassen. Der eine mag so etwas, ich gehöre leider zu der Kategorie, die, wenn es keine Fortsetzung der Geschichte gibt, einen Abschluss braucht. Und den habe ich hier leider nicht bekommen und mich mit einigen Fragen zurück gelassen.
Fazit
Im Großen und Ganzen ist das Buch gut und interessant geschrieben, wobei ich auf Grund der vielen düsteren und verstörenden Ereignisse es nicht unter die klassischen Jugendbücher einordnen würde. Meine persönliche Empfehlung gilt deswegen für Erwachsenen und Jugendliche ab 16 Jahren.
Auch wenn ich von der Handlung der Geschichte gut unterhalten wurde, hat es mich persönlich allerdings nicht so abgeholt und berührt, wie ich es mir zu Beginn gewünscht habe. Es gab zwar einige Geschehnisse, die mich regelrecht mitgerissen haben, dann aber waren auf der anderen Seite diese extrem langen Passagen, wo es sich schier unendlich in die Längen gezogen hat. Ich hätte mir mehr Abenteuer, mehr Spannung gewünscht und dafür weniger Umgebungsbeschreibungen, die sich ständig wiederholen. Zu Beginn des Buches finde ich sowas überaus wichtig, irgendwann aber kommt der Punkt, an dem ich mir einfach die Welt vor meinem geistigen Auge aufgebaut habe und dann fange ich an, eben diese Sachen einfach zu überlesen.
Mir bleibt an dieser Stelle nur zu sagen: Wer gerne Dystopien liest sollte auf jeden Fall mal einen Blick in die Leseprobe werfen und sich sein eigenes Bild machen.
Und allein wegen Coccolone und Pietro sollte man diesem Buch mehr Aufmerksamkeit schenken :-).
©
Foto: Stella Reads
Cover: Eisele Verlag
Dieses Rezensionsexemplar wurde mir vom EISELE Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.
Vielen Dank an dieser Stelle an das Team und besonders an Frau Leonie Weiß!
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