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Die Farbe von Milch | von Nell Leyshon

 

Ich hab mein Leben lang ständig Ärger bekommen, sagte ich,
aber das hat mich noch nie davon abgehalten weiter zu sagen
was ich denke“
Mary, S. 11

 

Rezensionsexemplar | Die Farbe von Milch
Autorin: Nell Leyshon | aus dem Englischen von Wibke Kuhn 
Heyne Verlag | 208 Seiten | erschienen als Taschenbuch am 11. März 2019
Originalverlag: Eisele/Penguin Books London

| Historischer Roman | 19. Jahrhundert |
| eigene Altersempfehlung: Geeignet für junge Erwachsene ab 16 Jahre |

Leseprobe: »Bei EISELE im Vertrieb durch Ullstein Buchverlage« || Ansehen & Kaufoption: »Bei Randomhouse/Heyne Verlag«


Inhalt
Mary ist harte Arbeit gewöhnt. Sie kennt es nicht anders, denn ihr Leben auf dem Bauernhof der Eltern verläuft karg und entbehrungsreich. Doch dann ändert sich alles. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen und ihr Gesellschaft zu leisten – einer zarten, mitfühlenden Kranken. Bei ihr erfährt sie erstmals Wohlwollen und Anteilnahme. Mary eröffnet sich eine neue Welt. In ihrer einfachen, unverblümten Sprache erzählt sie, wie ihr Schicksal eine dramatische Wendung nimmt, als die Pfarrersfrau stirbt und sie plötzlich mit dem Hausherrn alleine zurückbleibt.

Quelle: Bloggerportal (www.blogger.randomhouse.de)

 

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Meinung 

Mit ihrem zweiten Werk „Die Farbe von Milch“, der für mich mein erster Roman der Autorin war, hat Nell Leyshon mich ab dem ersten Satz abgeholt, schockiert, aber auch überzeugt und sich einen Platz in meinen Top 10 der Lieblingsschriftsteller mehr als verdient.

 

Bald bist du tot und wenn du zurückblickst wird dir klar dass du ein ganz jämmerliches Leben hattest obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre.

Mary, S. 102

Leyshon erzählt hier die Geschichte der vierzehnjährigen Mary, die als jüngste von vier Schwestern im Jahre 1830/1831 ein einfaches, aber auch hartes, Leben auf dem Land führt. Als Leser erkennt man die familiären Verhältnisse recht schnell: Liebe, Zuneigung, Dankbarkeit oder Lob gibt es nicht. Die Arbeiten auf dem Hof und den dazugehörigen Feldern stehen besonders für den Vater, aber auch für die Mutter, an erster Stelle. Die vier Geschwister haben es also von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mit einem rauen und harschen Umgangston zu tun, doch damit scheinen sie recht gut umgehen zu können. Sie sind es ja schließlich nicht anders gewohnt. Ich möchte an dieser Stelle sogar behaupten, dass dieses „Leben“ stellvertretend für die meisten der damals im 19. Jahrhundert lebenden Mädchen und Frauen steht: Man wird als weniger wert angesehen, hat sich dem männlichen Geschlecht unterzuordnen und erst recht keine Widerworte zu geben.
Als Mary schließlich von ihrem cholerischen Vater zu dem Anwesen des örtlichen Pfarrers geschickt wird, um dessen kranke Frau zu pflegen, scheinen sich ihr neue Möglichkeiten aufzutun. Sie lernt lesen und schreiben, doch als die Pfarrersfrau ihrer Krankheit erliegt und Mary mit dem Hausherrn alleine zurück bleibt, wendet sich das Blatt.
Für ihre Bildung muss die heranwachsende Frau einen hohen Preis bezahlen.
Und mehr muss man zum Inhalt nicht sagen!
Denn jeder, der den Klappentext liest und diesen auf sich wirken lässt, kann schon erahnen, welche Richtung diese Geschichte einschlagen wird. Dennoch habe ich nicht mit eben diesem Ende gerechnet, wie es letztendlich passiert ist. Leyshons Roman lässt dich sprachlos zurück, bringt dich zum nachdenken und ist ein Beispiel dafür, dass nicht jeder Mensch, der eine sehr gute bis gute Bildung genossen hat, auch über Intelligenz verfügt und ungleichmäßig bestehende Machtverhältnisse von privilegierten Menschen ausgenutzt werden.
Mary ist mir als Protagonistin bereits ab dem ersten Satz unglaublich ans Herz gewachsen. Trotz ihres diffizilen Lebens hat sie ihre scharfzüngige, aufmüpfige und direkte Art nie verloren und bewahrt sich zudem ihre Eigensinnigkeit, ihren Mut und ihren starken Willen bis zum Ende des Buches. Sie trägt sprichwörtlich ihr Herz auf der Zunge!
Der Autorin ist es mehr als gelungen mit Mary einen Charakter zu erschaffen, der dem Leser noch lange nach beenden des Buches im Gedächtnis bleibt.

 

Wer nicht arbeitet, sagte ich, der isst auch nicht.

Mary, S. 115

Was mich, neben Marys Schicksal, bei diesem Buch besonders mitgenommen hat ist das Verhalten des Vaters gegenüber seiner Familie.
Als ob sein cholerisches Verhalten nicht schon schlimm genug wäre, scheut er sich nicht, die Hand gegen seine Frau, seinen Vater und seine vier Mädchen zu erheben. Die gesamte Atmosphäre in diesem „Zuhause“ ist einfach nur erdrückend und unerträglich.
Eben diese Atmosphäre und die damit einhergehende Emotionslosigkeit und Nüchternheit Marys erklärt den ausgewählten Schreibstil von Nell Leyshon, der in manchen Rezensionen eher kritisiert wurde. Für viele Leser ist dieser befremdlich oder sogar störend, da Kommata und Satzzeichen für wörtliche Reden fehlen. Da das Buch aber aus der Ich-Perspektive geschrieben ist, sollte man sich immer die entsprechenden Umstände vor Augen führen: Mary hat gerade erst Lesen und Schreiben gelernt in einer Zeit, in der Bildung dem weiblichen Geschlecht verwehrt wurde.
Für mich bringt der recht einfache Schreibstil seine ganz eigene Poesie mit sich und genau das macht dieses Buch so besonders und vor allem glaubwürdig

 

Fazit

Man hat das Gefühl, dass dies nicht die Geschichte eines fiktionalen Charakters sondern eines Menschen ist, den es so wirklich gegeben hat.
Mary hat noch so viel mehr Leser verdient und jeder von uns sollte „ein-bisschen-Mary“ in sich tragen!
Absolut berührend, ergreifend und definitiv eines meiner Jahreshighlights 2019!
#teammary

 

 

©
Foto: Stella Reads
Cover: Eisele Verlag/Heyne Verlag

Dieses Rezensionsexemplar wurde mir vom Bloggerportal in Zusammenarbeit mit dem Heyne Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.
Vielen Dank an dieser Stelle an das Team vom Bloggerportal!

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